Wulf ist echt der Beste! 🙂
Da hat der es doch tatsächlich geschafft, dass der Siegfried und ich heute mit einem Canoa (alten Walfangboot) rausfahren. Irre!!! :-))))
Um 09:30 treffen wir uns an der Marina von Vila Franca. Die Crew ist natürlich noch nicht da, die lässt es azoreanisch angehen. 😉 Macht aber auch nix, denn der Wind ist auch noch nicht da. Gegen 10:30 kommt dann die Info, wir fahren nicht raus. Zu wenig Wind, vielleicht am Nachmittag.
SCHADE!
Wir verbringen noch einige Zeit an der Marina und gegen 11:00 oder so kommt die Crew noch mal auf uns zu und meint, ob wir es heute Nachmittag probieren oder jetzt, ist vollkommen egal. Auf geht’s! JAAAA!!! 😀
Also dann mal helfen, das Boot fertig zu machen. Wirklich helfen können wir nicht, wir können nur zuschauen, wie sie den Mast richten und den Gabelbaum fürs Segel montieren. Dann werden die Ruder aufgelegt und Siegfried und ich bekommen eine Ruderbank zugewiesen.
Es dauert nicht lange, da habe ich eines dieser elend langen Ruder in der Hand. Und jetzt? Ich weiß zwar theoretisch wie das mit dem Rudern funktioniert, aber gemacht habe ich das noch nie! Der Skipper fragt aber schon nach den Vorerfahrungen und ich muss diese Verneinen. Keinerlei Ahnung. Also erklärt er mir kurz, wie das funktioniert und ca. 2min später sind die Leinen los und wir rudern aus dem Hafen raus. Est ist schon interessant, wie schnell diese langen und schweren Boote sich mit den dünnen Rudern bewegen lassen. Das hätte ich nicht gedacht. Na denn man tau, ne! Und so verliere ich meine Ruderjungfräulichkeit! So hat es zumindest der Skipper genannt! 😉
Es herrscht eine sehr lockere und fröhliche Stimmung im Boot und nach ein paar Minuten haben wir den Hafen verlassen. Jetzt macht die Crew sich daran, das Segel hoch zu ziehen. Wir erfahren später, dass das Segel über 50qm Fläche hat. Okay … Der Mast ist 8m hoch und der Baum auch 8m lang. Das Boot selber ist etwa 12m lang. Und in diesen Nussschalen haben die mal Wale gejagt? Ach du sch …
Das Segel ist schnell gesetzt und dann … kein Wind … NIX — GARNICHTS!!! Flaute! Wir treiben nur. Das Segel weiß nicht, ob es sich nach rechts oder links wölben soll.
Wir helfen nach und drücken den Baum auf eine Seite und lehnen uns in die selbe Richtung, damit der Baum nicht wieder zurück kommt. Dabei merke ich WIE wackelig diese Boote sind. Wenn sich nur einer bewegt, kippt das Boot schon zur Seite. Stabilisierungshilfen gibt es keine. Überhaupt sind technische Hilfsmittel nicht vorhanden. Nicht mal Umlenkrollen für Seile. Es sind nur die einfachsten Haltevorrichtungen vorhanden. Das Segeln ist pures Segeln! Reinste Handarbeit und viel Gefühl sind nötig. Als wir mal den geringsten Hauch eines Windes verspüren, nimmt das Boot direkt Fahrt auf. Kaum zu spüren, dass da Wind ist und wir bewegen uns nicht nur seitwärts sondern fahren tatsächlich. WOW! Die Crew erklärt uns, dass das Verhältnis von Segelfläche zum Gewicht sehr gut ist. Das Boot hat ca. 800kg. Vielleicht weniger.
Der Wind lässt dennoch ein wirkliches Segeln nicht zu. Es ist mehr ein rumdümpeln und treiben. Doch so haben wir viel Zeit, Fragen zu stellen und wir erhalten viele Informationen über das Boot, die Weise wie es gesegelt wird und wie der Walfang von statten ging.
So ein Boot hatte immer 7 Mann Besatzung. Es gab den Harpunisten am Bug und den Kapitän und Steuermann im Heck. Er hatte die Verantwortung für die Mannschaft und das Boot. Er hielt neben der Pinne auch die Segel unter Kontrolle. Die Männer in den Booten ruderten und segelten oftmals über 20Meilen auf das Meer hinaus. Neben den Gerätschaften fürs Segeln hatten sie auch Harpunen und Lanzen für die Waljagd dabei. Zusätzlich war auch Verpflegung an Bord. Das ist alles ganz schön eng. In den frühen Jahren wurden die Wale auch noch von den Männern abgeschleppt zum Land. Holla, das war echt eine Knüppelsarbeit.
Wenn ein Wal harpuniert war, versuchte dieser natürlich zu fliehen. An den Harpunen waren bis zu 500m Seil befestigt. Wie viel Seil dem Wal gelassen wurde, zum Beispiel wenn dieser abtauchte, entschied auch der Kapitän. Das Gleichgewicht im Boot musste von allen beachtet werden.
Wenn ich mir das alles bildlich vorstelle, dann muss ich schon sagen, dass jede Ausfahrt zur Waljagd einem Selbstmordkommando glich. Au Backe!
Doch kommen wir zurück in die Gegenwart. Wir „segeln“ immer noch. Wir sind nun ca. 1,5 Stunden unterwegs. Mit Fortbewegung hat das heute aber nix zu tun. Auch wenn die Boote bei gutem Wind bis zu 15Knoten machen. Das ist vergleichbar mit einem heutigen Rennsegelboot. Wahnsinn. Einzig was mit den Booten nicht so gut geht, ist Kurs halten. Da es weder Schwert noch Kiel hat, hat es immer auch einen Drift. Auch die Wenden können nur als großer Bogen gefahren werden. Wendig ist so ein Kahn nicht. Aber das mussten und müssen sie auch nicht sein.
Wir machen uns auf den Rückweg. Ab der Hafeneinfahrt ist wieder rudern angesagt. Wenig später sitzen wir mit der Crew gemütlich an der Marina Bar beim Bier. Das war wirklich mal ein schönes Erlebnis. AUCH wenn es keinen Wind gab. Schließlich habe ich jetzt meine Ruderjungfräulichkeit verloren! 😉
Der Nachmittag verläuft unspektakulär. Ich treffe mich mit Nelinho und wir quatschen über Gott und die Welt. Am Abend sitze ich mit den Tauchern zusammen und später fahre ich zur Caloura Bar zum Essen. Ein herrlich entspannter Tag geht zu Ende. Morgen ist mein letzter kompletter Tag auf den Azoren für dieses Jahr…